Die Bücher und ich

Mittwoch, 14. Juli 2010

Raymond Carver - Würdest du bitte endlich still sein, bitte

Der Klappentext:
"Raymond Carvers meisterhafte Geschichten über Verlierer und Verlorene der amerikanischen Gesellschaft.

Mit einem Vorwort von Richard Ford."

Hauptschauplätze:
Viele. Sammlung von Kurzgeschichten / Erzählungen.

Mein Eindruck:
Dies war mein erstes Buch von Raymond Carver und ich bin schlichtweg beeindruckt. Es gibt nicht viele Autoren, denen es gelingt aus Alltäglichkeiten Geschichten zu machen die so spannend sind wie Thriller.
Doch trotz seiner messerscharfen Beobachtungen geht der Autor dabei immer behutsam mit seinen Figuren um und vermeidet den leider allzu oft eingesetzten moralischen Fingerzeig.
Der Leser wird in das Leben dieser fremden Menschen hineingeworfen, darf ein Stück zusehen und wird wieder hinausgeworfen. Das hinterlässt einen unheimlich starken Eindruck und lässt diese Geschichten ganz groß werden.

Warum man es lesen muss:
Weil man sonst ganz einfach etwas verpasst hat. Lesen!
(Nur nicht eine Erzählung nach der anderen, weil sie sonst an Wirkung verlieren - dieses Buch braucht ein wenig Zeit und will zwischendurch auch mal zwei Tage im Regal liegen gelassen werden, ehe man sich auf die nächste Geschichte einlässt.)

Dazu passt:
Cola-Rum.

Fazit:
4,6 von 5. Oder so. ;o)
Fesselnd, berührend, erschreckend und stellenweise stockt einem der Atem. Ein CT-Bild menschlicher Seelensplitter.
I love.

Donnerstag, 10. Juni 2010

Marek van der Jagt - Monogam

Der Klappentext:
"Wer lesen will, dass Sex allein glücklich macht, liegt mit diesem Buch genauso richtig, wie die zarten Seelen, die an die große Liebe glauben, sie aber noch nicht gefunden haben. Und diejenigen, die über allem stehen, dürfen sich über die Schwierigkeiten anderer amüsieren...

Liebe saukomisch und hocherotisch: Marek van der Jagt ist die niederländische Antwort auf David Sedaris. Von diesem Autor möchten wir gern mehr lesen.
Franziska Wolffheim / Brigitte, Hamburg"

Hauptschauplätze:
Wien, Paris

Mein Eindruck:
Ein sehr emotionales, leidenschaftliches und stellenweise fast philosophisches Werk über die Menschen und die Liebe und das, was die Liebe mit den Menschen macht.

Warum man es lesen muss:
Wer sich schon immer gefragt hat, warum das mit der Liebe so ist, wie es ist: Lesen!
Wer sich schon selbst seine Gedanken zum Thema gemacht hat und meint zu wissen, wie der Hase läuft und warum er überhaupt läuft: Nur lesen, wenn gerade nix Besseres zur Hand ist.
Unterhaltsam, aber wirklich Neues erfährt man auch hier nicht.
Und wer sich, inspiriert von der im Klappentext abgedruckten BRIGTTE-Rezension, ein erotisches Werk erhofft, wird vermutlich ziemlich enttäuscht. Mit Erotik hat das - in meinen Augen - nur in ca. 10 Sätzen etwas zu tun. Höchstens. Und auch das nur mit viel gutem Willen.

Dazu passt:
Cremant Rose oder was mit pürierter Honigmelone.

Fazit:
3 von 5 Sternen. Ein Autor, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt, schreibt über die Liebe. Das ist durchaus unterhaltsam und gut für einen Tag am See. Stellenweise wäre ein wenig mehr Handlung wünschenswert.
Grundtenor: Passt scho.

Dienstag, 8. Juni 2010

Fleur Jaeggy - Die seligen Jahre der Züchtigung

Der Klappentext:
„Ein Mädchenpensionat in den sechziger Jahren: hier werden Mädchen diszipliniert, bis die Disziplin selbst zur Lust wird. Die Erzählerin, eine 14-jährige aus reichem Hause, verfällt der Neuen, Frédérique, die sie an Ordnungssinn, Selbstzucht und Weltverachtung noch übertrifft.“

Hauptschauplätze:
Ein Mädchenpensionat im Appenzell. In Erinnerungsfetzen andere Internate, Paris, so richtig weiß man es nie.

Mein Eindruck:
Eine Autorin, die zweifelsohne enorm viel sprachliches Talent hat, versucht sich hier an einem Thema, dem sie nicht gewachsen scheint. Sie spricht von der „Todessehnsucht“ junger Mädchen und wirkt wie eine, die dieses mädchenhafte Streben nach Perfektion, die psychische Selbstverletzung und schlussendlich das, altersübliche, Verzweifeln an der Welt still bewundert, es aber nie selbst empfunden hat.

Die Phrasen wirken aufgesetzt, bruchstückhaft. Bruchstückhaft ist an sich kein Beinbruch, hier aber wirkt es verkrampft, gewollt, völlig ohne Ziel.

Warum man es lesen muss:
Muss man nicht.

Dazu passt:
Ein doppelter Espresso. In winzig kleinen Schlückchen. Ist die Tasse leer, ist man auch mit der Novelle durch.

Fazit:
2 von 5 Sternen.
Sprachlich wirklich gut (!), aber die Handlung ist mager – aus dem Stoff wäre sehr viel mehr herauszuholen gewesen. Ich bin ein wenig enttäuscht.

Samstag, 22. Mai 2010

Christoph Hein - Willenbrock

Der Klappentext:
„Willenbrock sah ihnen nach und er fühlte sich auf eine ihm unerklärliche Weise schuldig. Die Beamten hatten ihm das Gefühl vermittelt, der eigentlich Beschuldigte zu sein, der Angeklagte, der nicht mehr wirklich frei, sondern lediglich auf freiem Fuß war.“

Hauptschauplätze:
Ost-Berlin, Usedom.

Mein Eindruck:
Ein sich mit jeder Seite verdichtender Roman, über den man im Vorfeld möglichst wenig wissen sollte. Einer, den man lesen muss, ohne zuvor schon die Rezensionen gelesen zu haben.
Hinterlässt ein beklemmendes Gefühl und ist einer von denen, die bleiben. Und einer dieser Romane, die man nach ein paar Jahren noch ein zweites Mal lesen kann.

Empfehlung:
Nicht vom etwas dahinplätschernden Erzählstil der ersten Seiten abschrecken lassen – das Buch wächst mit seinen Aufgaben, äh, mit fortschreitender Seitenzahl. Am Ende war ich froh, es am Anfang nicht beiseite gelegt zu haben. ;o)

Dazu passt:
Eine Zigarette.
Für Nichtraucher: Starker Kaffee.
Für Nichtraucher _und_ Nichtkaffeetrinker: Also für die fällt mir auch nix mehr ein… ;o)

Fazit:
Von 5 Sternen – vermutlich 4,8. Und 4,8 auch nur, weil es eben Bücher gibt, die noch besser sind – man muss ja noch ein bisschen Platz nach oben lassen.
Muss sich aber vor Werken von Kundera oder Coetzee keinesfalls verstecken. Wer die mag – wird auch Hein mögen. Mutmaße ich jetzt mal so.

Mittwoch, 5. Mai 2010

Jürgen Domian – Der Tag an dem die Sonne verschwand

Der Klappentext:

Allein im Universum

»Wenn ich jetzt nicht zu schreiben beginne, werde ich irrsinnig. Heute ist bereits der neunundzwanzigste Tag ... Seit knapp einem Monat gibt es keine Sonne mehr, keine Lebewesen, keine Geräusche.«

Ein Mann sitzt Mitte Juli in seiner Altbauwohnung am Fenster und genießt den Jahrhundertsommer. Plötzlich verdunkelt sich der Himmel, es beginnt sintflutartig zu regnen und die Temperatur fällt. Tagelang schneit es. Als der Mann seine Wohnung verlässt, stellt er fest, dass niemand mehr da ist. Er ist der letzte Mensch auf Erden.

Jürgen Domian ist Deutschlands bekanntester Nachttalker, der seit zwölf Jahren auf Radio Eins Live und im WDR Fernsehen seine Kultsendung "Domian" moderiert.

Hauptschauplätze:
Eine Stadt, irgendwo. Eine Wohnung mit Balkon, Miethaus. Wobei der Hauptschauplatz hier vermutlich im Kopf des Protagonisten zu suchen ist. Das Buch lebt auch von dessen Erinnerungen und Selbstreflexionen.

Mein Eindruck:
Der erste Eindruck ging in die Richtung „Huch, ich wusste gar nicht, dass der auch schreiben kann!?“ – hier war ich durchaus positiv überrascht. Domian schreibt (entgegen meiner Erwartungen, muss ich gestehen) sehr eingänglich, kurzweilig, spannend – und profitiert hier sehr von seinen Erfahrungen als Talkmaster. Die Erinnerungen des Protagonisten sind teilweise erschreckend, teilweise beklemmend, aber wirken zu keinem Zeitpunkt konstruiert oder überspannt. Im Bereich der Unterhaltungsliteratur ist mir noch kein Buch begegnet, das gleichzeitig so fesselt und doch voller leiser Töne steckt . Ich bin sehr angetan.

Empfehlung:
Lesen!

Dazu passt:
Hochprozentiges. (Stilecht vermutlich Whiskey, Gin, guter Wodka…)

Fazit:
Mag ich! Anfangs war ich skeptisch, anschließend positiv überrascht. So herum verhält sich das bei mir selten. ;o)

Mittwoch, 3. März 2010

J. M. Coetzee - Warten auf die Barbaren

Nach „Schande“ habe ich mich nun an ein weiteres Werk Coetzees gewagt: „Warten auf die Barbaren“. (Der Autor ausgezeichnet mit dem Literatur-Nobelpreis 2003, im Übrigen.)

Es spielt an einem nicht näher beschriebenen Ort, an einem Ort im Irgendwo, wie er überall zu finden sein könnte. Die Regierung beschwört einen Krieg mit Unschuldigen herauf und ein Magistrat steht zwischen den Fronten. Soweit die unprätentiöse Kurzbeschreibung.

Aber dieses Buch ist mehr. Leise, manchmal laut, einfühlsam und brutal, in jedem Fall aber ohne erhobenen Zeigefinger und Moralapostelei stellt sich dem Leser Seite für Seite zwischen den Zeilen diese eine Frage: „Was hättest du getan?“.

Im Zwiespalt zwischen Bequemlichkeit und Nostalgie, Gerechtigkeitssinn und Märtyrertum. Verloren irgendwo zwischen dem Wunsch nach Heimat und Alltag und den eigenen Idealen.

Bist du ein Held, wenn du aufbegehrst und dich in den Weg stellst? Oder spielst du ihn nur? Wofür lohnt es sich zu kämpfen, was setzt du aufs Spiel? Wie lange kannst du wegschauen und wie viel Schmerz kannst du ertragen?
Was hättest du getan?

Dringende Leseempfehlung.

Dienstag, 30. Juni 2009

Colin Cotterill - Dr. Siri sieht Gespenster

"Heiß hier, was? - Verdammt heiß!"

Der Klappentext:
"Etwas Wildes und Böses macht die Hauptstadt von Laos unsicher. Es scheint, als würde ein entlaufener Bär hilflose Frauen angreifen und töten. Aber Dr. Siri, der einzige Leichenbeschauer von ganz Laos, hat es nicht nur mit diesem Fall zu tun: Auch zwei Tote auf einem Fahrrad geben ihm Rätsel auf. Mit Unterstützung seiner Helfer, der Krankenschwester Dtui und ihres Kollegen Mr. Geung, geht Siri den Todesfällen beharrlich, wenn auch auf unorthodoxe Weise nach. Dass in die Vorfälle eine seltsame Holztruhe, ein toter Elefant und ein geheimnisvoller Gärtner verstrickt sind, würde andere vielleicht überraschen - nicht Dr. Siri. Schließlich hat er in seinen über siebzig Jahren schon so manches gesehen..."

Hauptschauplätze:
Luang Prabang, Vientiane (Laos)

Der Eindruck:
Liebenswert, schrullig, spannend, voller Wortwitz. (Ich habe tatsächlich an mehreren Stellen wirklich lachen müssen - das geht mir sonst bei Büchern nur äußerst selten so.) Ungewöhnliche, interessante Charaktere - völlig abseits von "Reich und schön" - was das Buch besonders sympathisch macht.

Empfehlung:
Im Sommer lesen, am besten draußen.

Dazu passt:
gekühlte Wassermelone, selbst gemachter Eistee, Beerlao

Fazit:
Äußerst unterhaltsam. Leseempfehlung!

Sonntag, 28. Juni 2009

Markierwut

Kategorie "Nicht besonders sinnvoll": Im neuen Zweitausendeins-Katalog alle Bücher grün markieren, die ich gerne jetztsobaldwiemöglich haben möchte und nach einer Weile feststellen, dass nun der halbe Katalog grün markiert ist.
#fail

Mittwoch, 3. Juni 2009

Truman Capote - Frühstück bei Tiffany

Mh. Lange hab' ich überlegt, was es über dieses Buch, über das schon alles gesagt wurde, noch zu sagen gäbe. Vor allem von mir. In Anbetracht der Tatsache, dass es mich nicht sonderlich vom Hocker gehauen hat.
Sprachlich ganz wundervoll, keine Frage, Capote eben. Holly Golightly ist auch ganz zauberhaft, wirklich. Eine toll gezeichnete / konstruierte / wasauchimmer Figur. Wäre ich ein Mann, ich hätte mich sicherlich verliebt.
Aber ansonsten?
Vielleicht ein Buch für einen heißen Nachmittag auf der Terrasse. Eher für einen Tag mit Schirmchen-Drink. Rotwein und Bier passen nicht dazu. Tee auch nicht, Kaffee schon gar nicht. Ein Martini-Buch vielleicht. Ohne Olive.
Spritzig, locker, leicht - um mal das Wort 'seicht' zu vermeiden.
Und jetzt dürft ihr mich schlagen. Ich bin dann mal weg.
(nee, mir hat's wirklich nicht übermäßig gefallen)

Freitag, 22. Mai 2009

Milan Kundera - Das Buch vom Lachen und Vergessen

Ein leises Buch. Ein wunderschönes Buch. Ein Buch über den Tod und die Angst davor, ein Leichnam zu sein. Ausgeliefert. Ein Buch über Stille, Sprache, Dichtung, Sprachlosigkeit. Über die eigene Unzulänglichkeit und über das Festhaltenwollen der Liebe. Über Einsamkeit, Trauer, Glück.
Und ein bißchen Politik - Kundera eben. ;o)

Und immer wieder denkt man sich beim Lesen "Ja! So! GENAU SO ist das!" Und fühlt sich vielleicht ein bißchen ertappt, weil es scheint, als habe der Autor die eigenen Gedanken auf's Papier gebracht, noch ehe man sie selbst in dieser Präzision denken konnte. Er kann das ausdrücken, was in mir nur eine vage Vorstellung ist. So herumwabert als unvollendeter Gedankengang. Und dann steht es plötzlich da - schwarz auf weiß. Und man sieht sich gezwungen, sich jetzt damit auseinander zu setzen.

Dieses Buch - LESEN! UN-BE-DINGT!

(Man kann das zum Schluss auch nicht einfach weglegen und sich unbeeindruckt dem nächsten Buch widmen. Man möchte vielleicht ein bißchen, dass es nie endet, dieses Buch. Und möchte auf der vorletzten Seite am liebsten wieder von vorn beginnen.)

Bücherdingens


Paul Auster, Joachim A. Frank
Stadt aus Glas. SZ-Bibliothek Band 6

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